Hinweis: Diese Seite ist Teil der RS-125-Werkstattseite meines Internetblogs und steht mit dem Hersteller (Aprilia/Piaggio) in keiner Verbindung. Es handelt sich hier um selbst verfasste Reparaturanleitungen, Hinweise, Tipps und Tricks zur alten Aprilia RS 125 mit Zweitaktmotor bis Baujahr 2012. Dieses Blog wird privat ohne kommerziellen Hintergrund und Nutzen betrieben. Jegliche Haftung für jegliche Schäden, die sich aus den hier veröffentlichten Anleitungen und Daten ergeben könnten, ist generell ausgeschlossen.
Das mit Abstand am häufigsten nachgefragte Thema bei der RS 125 ist die korrekte Einstellung des Vergasers. Mit diesem Artikel möchte ich einen kleinen Leitfaden bereitstellen, wie man den Vergaser abstimmt. Es gibt im Internet einige Anleitungen und Tipps, von deren Vorgehen hier teilweise abgewichen wird, was letztendlich nur daran liegt, dass dieser Artikel speziell für die Aprilia RS 125 geschrieben wurde und natürlich eine persönliche Handschrift trägt.
Im Idealfall geht es darum, das passende Verbrennungsluftverhältnis λ für jeden Betriebszustand des Motors zu gewährleisten. Bei Viertakt-Motoren wird etwa seit den 90er Jahren der Restsauerstoffgehalt über die Lambda-Sonde und die zugeführte Luftmenge über einen Luftmassenstrommesser gemessen, was zur elektronischen Regelung der einzuspritzenden Kraftstoffmenge verwendet wird. Die RS 125 hat weder eine solche Messung noch eine solche Stellmöglichkeit, stattdessen wird versucht, ein passendes Kraftstoff-Luft-Gemisch durch die festen, mechanischen Einstellmöglichkeiten im Vergaser bereit zu stellen.
Grundsätzlich muss man hier verstehen, dass die Vergaserbedüsung in der Regel durch Versuch, Fehlschlag und Erfahrung ermittelt werden muss. Man muss das Problem verstehen, die entsprechenden Stellschrauben kennen und dann eine Entscheidung treffen, an welcher Komponente man nun eine Veränderung vornehmen möchte. Theorien zur Verbrennung und dem Verbrennungsluftverhältnis bleiben ohne Messmöglichkeit allerdings theoretisch und helfen hier nicht weiter.
Viele Komponenten des Vergasers beeinflussen einen großen Bereich und das nicht immer so, wie man es gerne hätte. Daher kann man nie genau sagen, welches Problem nun mit welcher Einstellung behoben werden kann. Die drei gängigen Vergaser der Aprilia RS 125 sind zudem keine Gleichdruckvergaser sondern Schiebervergaser, deren Gasschieberstellung ausschließlich manuell durch den Fahrer betätigt wird. Damit hängt das Verhalten des Motors auch immer direkt vom Fahrer ab.
Auf diesem Blog gibt es auch Bedüsungstabellen, die als eine Sammlung von möglichen Vergaser-Einstellungen anzusehen sind und keinesfalls als ideale Vergasereinstellung ungeprüft übernommen werden dürfen.
Die Auslieferungseinstellungen werden auch den geltenden Abgasnormen zum Datum der Erstzulassung geschuldet sein. Diese Auslieferungseinstellungen sind aus diesem Grund nicht immer ideal, ähnlich dem Leistungsloch der CDI. Allerdings: Bei der Abgasuntersuchung von bereits zugelassenen Motorrädern ohne geregelten Katalysator muss nur noch ein CO-Wert von 4,5 Volumen-% im Standgas einhalten werden, das Abgasverhalten des Motors wird nicht weiter geprüft. Theoretisch ist das Abstimmen des Vergasers unzulässig, da sich das Abgasverhalten des Fahrzeugs verändert und praktisch das Abgasverhalten nicht so gemessen und geprüft wird, wie das für ein Abgasgutachten notwendig wäre. Praktisch interessiert das aber auch überhaupt niemanden. Sorry.
Da die RS 125 bereits mit einem passenden Vergaser ausgestattet ist, gibt es selten einen Grund, alle Komponenten zu tauschen und die Abstimmung muss selten von Grund auf neu erfolgen. Es ist empfehlenswert, mit den vorhandenen Einstellungen zu beginnen, wenn nicht gerade alle Maßnahmen zur Einhaltung der Euro3-Norm gleichzeitig entfernt wurden und das Motorrad komplett umgebaut wurde.
Im Prinzip ist folgendes zu tun: Man analysiert, wo die Probleme bei der jetzigen Vergaserbedüsung sind, trifft eine Entscheidung, ein einzelnes Teil zu verändern und testet, wie sich das Motorrad nach der Änderung verhält. Erfahrungsgemäß muss man dies einige Male tun und dieser Prozess ist sehr zeitaufwändig. Es ist auch zu empfehlen, jede Änderung mit dem festgestellten Verhalten danach zu notieren, da man nach drei bis vier Änderungen von Hauptdüse und Nadel oft schon den Überblick verliert.
Analyse
Zuerst muss der Ist-Zustand erfasst werden. Die Frage, die beantwortet werden muss, ist: In welchem Bereich läuft die Maschine schlecht und läuft sie dort zu fett oder zu mager? Hierzu kann man, wenn man keine Möglichkeit zur Messung über einen Leistungsprüfstand mit Abgasmessung hat, folgende Dinge tun:
- In welchem Drehzahlbereich, bei welcher Last und bei welcher Gasschieberstellung tritt das Problem überhaupt auf? Idealerweise muss das Motorrad in allen Gängen sauber von niedrigen Drehzahlbereichen bis Vollgas ohne Ruckeln fahrbar sein. Dabei müssen alle relevanten Komponenten im Vergaser korrekt eingestellt sein. Ein Leistungsloch der CDI sowie ungenügende Spritversorgung muss als Ursache ausgeschlossen werden können.
- Kaltstartanhebung verwenden: Benutzt man während der Fahrt die Kaltstartanhebung (ugs. „Choke“) am Lenker, wird zusätzlich kurz direkt nach der Betätigung ein stark überfettetes Benzin-Luft-Gemisch beigemischt (Das Gemisch ist danach je nach Düse wieder magerer, daher nur kurze Zeit oder mehrfach betätigen). Läuft der Motor beim Betätigen der Kaltstartanhebung sofort besser, deutet dies auf ein zu mageres Gemisch in diesem Bereich hin.
- Klang: Ein zu mageres Gemisch führt bei hoher Last zu Frühzündungen, die sich durch ein Geräusch Ähnlich eines Klingelns und Klopfens bemerkbar macht. Ein korrekt gezündetes Gemisch verursacht eine hörbare Druckwelle im Auspuff, bleibt dieser „Töff“-Ton beim Beschleunigen ganz aus und der Ton bleibt dumpf, deutet dies ebenfalls auf ein viel zu mageres Gemisch in diesem Bereich hin. Ein stottern deutet auf ein zu fettes Gemisch oder ein viel zu mageres Gemisch hin.
- Fahrverhalten und Charakteristik: Ein zu fettes Gemisch führt oft zu einem völlig unregelmäßigen Stottern, welches mit beschriebenem Klang einhergeht. Auch Qualm am Auspuff kann auf zu fettes Gemisch hindeuten. Bei deutlich zu magerem Gemisch im niedrigen Drehzahlbereich fehlt es hingegen eher gleichmäßig an Motorleistung.
Der Gasgriff sollte nur so weit gedreht werden, dass man mit dem Gasgriff noch eine Kontrolle über die Motorleistung hat. So lässt sich etwa bestimmen, welche Komponente des Vergasers für den jeweiligen Lastbereich tatsächlich entscheidend ist. Man kann in der Regel gut während der Fahrt feststellen, ab wann eine weitere Drehung des Gasgriffes keine Veränderung mehr bewirkt, dann ist der Gasschieber schon zu weit geöffnet bzw. der Gasgriff zu weit gedreht.
Es müssen Testfahrten gemacht werden, bei der der problematische Lastbereich möglichst häufig verwendet wird. Es macht keinen Sinn, bei einem Ruckeln im niedrigen Drehzahlbereich Kolben- und Kerzenbilder zu betrachten, wenn man das Motorrad eigentlich nur mit hoher Last auf einer kurvigen Bundesstraße bewegt.
- Zündkerzenbild: Die Verbrennungsrückstände auf der Masseelektrode der Zündkerze stammen etwa von den letzten 1-5 Kilometern Fahrt und geben eine Aussage darüber, ob das Gemisch insgesamt zu fett oder zu mager war. Idealerweise ist die Farbe des Belags Hellbraun-Grau oder „Rehbraun“ und niemals Grau-Weiß (zu mager) oder Schwarz (zu fett). Bei der Betrachtung des Belags auf dem Isolator und der Stirnseite des Gewindes der Zündkerze muss der Wärmewert der Zündkerze berücksichtigt werden: Eine zu kalte Kerze (z. B. BR10EG) bei Motoren ohne Leistungsbeschränkung wird sich bei Fahrten in niedrigen Leistungsbereichen durch die hohe Wärmeabfuhr nicht erwärmen und ist daher in diesem Bereich wenig aussagekräftig. Abhilfe schafft hier, zur Abstimmung eine BR9EG oder sogar BR8EG zu verbauen.
- Kolbenbild: Es dauert viele Kilometer, bis sich das Bild auf dem Kolbenboden verändert und auch dieses hängt stark vom Fahrer ab. Für kurzfristige Tests ist es daher wenig geeignet, trotzdem kann man daran erkennen, wie die Maschine insgesamt über den längeren, vergangenen Zeitraum gelaufen ist. Der Kolbenboden wird vor allem durch die Hauptdüse beeinflusst. Der Kolben sollte in der Mitte trocken und grau, an den Rändern eher dunkler aussehen. Interessant auf dem Kolbenboden sind Detonationsspuren von Frühzündungen, die bei zu magerem Gemisch auftreten. Ein komplett schwarzer, dunkler Kolbenboden ist ein eindeutiges Zeichen für ein zu fettes Gemisch.
In der Regel ist ein häufigerer Blick auf die Zündkerze sowie ein Bewerten des Fahrgefühls und der Motorcharakteristik in den jeweiligen Leistungsbereichen ausreichend, um den Vergaser so abzustimmen, dass das Motorrad ohne Ruckeln und Stottern fahrbar wird.
Einstellmöglichkeiten am Vergaser
Theoretisch gibt es für jede Gasmenge und jede Gasschieberstellung die zugehörigen Komponenten, die die Gemischbildung in diesen Lastbereichen gezielt steuern soll. Praktisch handelt es sich um einen Schiebervergaser, der seine Gasschieberstellung nicht selbst regeln kann und die Komponenten beeinflussen immer einen größeren Bereich.
Pragmatisch gesehen macht es daher Sinn, zuerst mit vorhandenen Komponenten zu arbeiten, bevor weitere Einzelteile zur Abstimmung eingekauft werden.
Komponenten des Vergasers
Die in der RS 125 verbauten Dell-Orto-Schiebervergaser haben mehrere Systeme, die die Gemischzusammensetzung bei unterschiedlichen Gasschieberstellungen beeinflussen: Das Leerlaufsystem, das Anreicherungssystem, den Gasschieber, die Nadel und den Zerstäuber sowie die Hauptdüse. Welches System in welchem Bereich die Gemischzusammensetzung beeinflusst, zeigt nachfolgende Grafik.
Diese Grafik findet man in ähnlicher oder allgemeiner Form auch für andere Vergaser, sie ist nur schematisch für die Dell-Orto-Vergaser der RS 125 und nicht durch Messungen oder Rechnungen erstellt.
Der Aufbau der drei in der RS 125 verbauten Vergaser ist relativ ähnlich, der VHSB 34 hat keine zentrale Schraube mit der Hauptdüse für die Schwimmerkammer sondern vier Schrauben zur Befestigung der Schwimmerkammer.
Die Wirkungsweise und Einstellungen an den einzelnen Systemen wird im Folgenden näher erläutert.
Leerlauf- und Anreicherungssystem
Das Leerlaufsystem arbeitet nur bei geschlossenem Gasschieber (8). Dabei wird Luft durch die Anreicherungsbohrung (12) angesaugt, mit dem Gemisch aus der Leerlaufmischrohrdüse (3) gemischt und über die Leerlaufbohrung (11) zum Motor geführt. Wird der Gasschieber leicht geöffnet, wird das Gemisch aus der Leerlaufdüse durch die Anreicherungsbohrung (12) unterhalb des Gassschiebers gezogen. Die Leerlaufdüse beeinflusst daher sowohl den Leerlauf als auch die Anreicherungsphase.
Es ist nun zu unterscheiden, ob der Vergaser eine Leerlauflufteinstellschraube (4, nur VHSB 34) oder eine Gemischeinstellschraube (5, PHBH 28 BD und VHST 28 CD) besitzt. Die Modelle mit Gemischeinstellschraube (5) verwenden in der Regel eine feste Leerlaufluftdüse (6), die bei vorhandener Leerlauflufteinstellschraube (4) beim VHSB 34 fehlt. Funktionsbedingt befindet sich die Leerlauflufteinstellschraube immer an der Luftfilterseite, die Gemischeinstellschraube befindet sich an der Motorseite. Keiner der in der RS 125 verbauten Vergaser besitzt beide Einstellschrauben.
Die Gemischeinstellschraube bestimmt nur die Gemisch-Menge, die durch die Leerlaufbohrung zum Motor gelangt. Sie beeinflusst nicht die Gemischmenge, die durch das Anreicherungssystem zugeführt wird.
Die Leerlauflufteinstellschraube reguliert die Luftmenge sowohl zum Leerlaufsystem als auch zum Anreicherungssystem, beim Hineindrehen wird sowohl der Leerlauf als auch die Anreicherungsphase fetter.
Es ist weiter möglich, Mischrohrdüse (3) und Leerlaufdüse (2) zu verwenden oder nur eine der beiden Düsen zu verbauen. Die Leerlaufdüse für PHBH 28 oder VHSB 34 haben ein 5-mm-Gewinde.
Im VHST 28 gibt es statt Mischrohr- oder Leerlaufdüse eine einzelne, gemeinsame sog. „Nebendüse“. Diese gibt es in den Größen 32 bis 45 vom Typ „U“ oder „S“. Dabei sind die Löcher an der Seite zur Luftzufuhr bei Typ „U“ deutlich größer als bei Typ „S“.
Der Leerlauf und die Anreicherungsphase lassen sich, wenn kein CO-Messgerät genutzt werden kann, nur nach Gefühl einstellen, ein gutes Indiz ist hier das Laufverhalten des Motors: Reagiert der Motor verzögert, ist das Gemisch in der Regel zu mager (er dreht nur sehr verzögert hoch und das Abfallen der Drehzahl ist sehr langsam). Ob das durch Tausch der Leerlaufdüse, des Mischrohrs oder die Lufteinstellschrauben erfolgt, muss man ausprobieren. Pragmatisch gesehen ist eine Einstellschraube einfacher, da man sie nicht ausbauen muss.
Gasschieber
Ab etwa 1/4 der Gasschieberstellung bis Vollgas wird der Kraftstoff durch Hauptdüse und Zerstäuber zugeführt. Wann und wie dies genau erfolgt, kann bei niedrigen Gasschieberstellungen mit der Form des Gasschieber beeinflusst werden: Durch verschiedene Ausschnitte wird der Unterdruck oberhalb des Zerstäubers beeinflusst.
Die Kennzahl des Gasschiebers gibt die Höhe des Gasschieberausschnittes (auch als „Cutaway“ bekannt) an. Ein größerer Gasschieberausschnitt führt zu einem magereren Gemisch, ein kleinerer Gasschieberausschnitt zu einem fetteren Gemisch bei diesen Gasschieberstellungen.
Ist das Anfahren in niedrigen Drehzahlen nur mit Kaltstartanhebung möglich, deutet das auch auf einen zu großen Gassschieber hin. Erfahrungsgemäß kann das beim Gasschieber 50 am PHBH 28 bereits auftreten. Bei Stottern durch zu viel Benzin in niedrigen Drehzahlbereichen bei Tuning-Auspuffanlagen kann ein größerer Gassschieber Abhilfe schaffen.
Nadel und Zerstäuber
Wird ab etwa 1/4 der Gasschieberstellung der Kraftstoff im Wesentlichen durch den Zerstäuber vermischt, beeinflussen Nadelclipositon, Nadeltyp und Zerstäuberdurchmesser die Gemischbildung entscheidend. Man sollte in diesem Lastbereich immer zuerst versuchen, durch Versetzen des Nadelclips in eine andere Kerbe die Abstimmung der Maschine zu verbessern. Die Nadelclip-Position bzw. die Kerbe wird immer von oben gezählt, wenn man die Nadel in Einbauposition vor sich hat. Dabei ist das Gemisch auf der ersten Kerbe am magersten. Beim Tausch der Nadel oder des Zerstäubers können Nadelclip-Positionen nur theoretisch miteinander verglichen werden.
Je nach Vergaser gibt es unterschiedliche Nadeln, die werksseitig verbaut wurden oder empfehlenswert sind, folgende Bilder zeigen eine Auswahl für die drei gängigen Vergaser.
Natürlich gibt es noch viele weitere Nadeln, die man für eine präzise Abstimmung verwenden kann. Praktisch empfiehlt es sich aber, zuerst verschiedene Nadelclip-Positionen mit verschiedenen Hauptdüsen zu testen, bevor eine andere Nadel getestet wird, da die verschiedenen Nadeln völlig unterschiedliche Charakteristiken aufweisen.
Die Nadel lässt sich ohne nennenswerten Aufwand tauschen, es wird nur der Tank hochgeklappt, die Schrauben am Vergaserdeckel werden gelöst und der Gassschieber wird herausgezogen. Die Feder wird zurückgezogen (man kann sie auf der Kante des Geasschiebers ablegen), die Nadel befindet sich unter dem Federteller.
Der VHST28 der neueren Modelle ist mit einem Zerstäuber ausgestattet, der Luft bereits in der Düse mit dem Benzin aus der Hauptdüse vermischt, bei den älteren Modellen mit VHSB34 und PHBH28 wird ein Zerstäuber verbaut, der Benzin erst unterhalb des Gasschiebers im Venturibereich erstmalig vermischt.
Die unterschiedlichen Zerstäuber beeinflussen die Gemischbildung wesentlich und begründen auch die völlig andere Hauptdüsengröße bei den neueren Modellen der RS 125.
Die Wahl der Nadel und des Zerstäubers sind besonders bei hohen Drehzahlen bei reduzierter Gasschieberstellung kritisch, hier treten die höchsten Temperaturbelastungen auf. Dieser Bereich ist sorgfältig zu beachten und kann am besten mit einem EGT-Meter (Exhaust Gas Temperature, Abgastemperatur) beobachtet werden.
Hauptdüse
Die Hauptdüse beeinflusst vor allem das Gemisch bei Vollgas und kann daher gut über das Kolbenbild abgestimmt werden. Sie hat keinen Effekt auf den Leerlauf und die Anreicherungsphase, die Hauptdüsengröße wird erst bei hohen Gasschieberstellungen relevant. Je nach Nadel- und Zerstäubereinstellungen kann auch die Nadel sowie das Zerstäubersystem weiterhin eine geringe Rolle spielen.
Problematisch an einer zu kleinen Hauptdüse ist, dass der Motor trotz der zu geringen Hauptdüse gefühlt sehr gut läuft und ein hörbares Klingeln erst bei sehr magerem Gemisch auftritt. Eine häufigere Kontrolle des Kolbenbodens hilft, die korrekte Größe der Hauptdüse zu verifizieren.
Gängige Hauptdüsengrößen der einzelnen Vergaser befinden sich etwa in folgendem Bereich:
- VHSB 34 LD: 140 bis 180, Standard ca. 155
- PHBH 28 BD: 110 bis 140, Standard ca. 120
- VHST 28 CD: 120 bis 185, Standard ca. 160
Die Hauptdüsen für diese Vergaser haben ein M6-Feingewinde.
Es ist empfehlenswert zumindest bei der Hauptdüse wenig Risiken einzugehen und den Motor nicht unkontrolliert lange mit einer zu kleineren Hauptdüse zu betreiben. Der Motor wird kurzzeitig ein zu mageres Gemisch im Teillastbereich überleben, nicht jedoch bei der Hauptdüse, hier sollte man keine längeren Testfahrten mit zu magerem Gemisch machen.
Der Vergaser muss zum Wechsel der Hauptdüse nicht ausgebaut werden. Es reicht, Gasschieber und Kaltstarteinrichtung zu demontieren, die Schelle zum Motor am Ansaugstutzen zu lösen und den Vergaser zu drehen. Der Inhalt der Schwimmerkammer wird über einen der Belüftungsanschlüsse ausgekippt, indem man vor dem Umdrehen den entsprechenden Schlauch abzieht (Tuch unterlegen).
In der Schwimmerkammer befindet sich normalerweise eine nicht unerhebliche Menge Benzin, man kann auf der letzten Fahrt ca. 500 Meter vor dem Ziel den Benzinhahn schließen, um die Schwimmerkammer mit der letzten Fahrt zu leeren. Ich lege ein Putztuch unter den Vergaser und nutze das Tuch dann, um diverse Öl- und Fettreste (z.B. in der Nähe der Kette) am Motorrad mit dem benzingetränkten Tuch zu entfernen.
Weitere Tipps
Auch wenn hier viele Details bis zum Anreicherungssystem beschrieben sind, reicht es oftmals aus, Hauptdüsengröße und Nadelstellung zu variieren, daher sollte der Fokus zu Beginn auf diese Einstellmöglichkeiten gelegt werden.
Es ist nicht vorgesehen, den Gasgriff im Standgas schnell komplett auf zu reißen. Es kann durch die dann plötzlich extrem geringe Strömungsgeschwindigkeit dazu kommen, dass es zu keiner Gemischbildung mehr kommt, der Motor geht aus. Dieses Verhalten ist völlig normal. Bemühungen, den Vergaser darauf abzustimmen, sind kontraproduktiv und enden ggf. in einem wesentlich zu fetten Gemisch im Leerlauf und der Anreicherungsphase.
Man muss das Risiko eingehen, dass eine Änderung der Vergaserbedüsung zu einem zu mageren Gemisch führt, sonst findet man nicht heraus, mit welcher Einstellung das Gemisch zu mager wurde. So lange dies im Rahmen kurzer Testfahrten (wenige Kilometer!) passiert und auch festgestellt wird, dass der Motor tatsächlich zu mager lief, ist man noch weit vom Motorschaden entfernt.
Die Qualität des Benzins spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Bleibt der Kraftstoff über den Winter im Tank und die Schwimmerkammer bleibt befüllt, setzen sich Teile des Kraftstoffs ab und andere Teile verflüchtigen sich. Der Motor läuft dann wesentlich schlechter. Bei geöffnetem Benzinhahn kann es sogar dazu kommen, dass sich Additive des Benzins in der Schwimmerkammer aufkonzentrieren, wenn sich das Benzin selbst verflüchtigt. E10-Kraftstoff ist für die RS 125 ungeeignet. Zur Abstimmung sollte man auch keinen alten Kraftstoff aus irgend einem alten Kanister verwenden.
Dass für die Abstimmung viel Geduld und viele Versuche erforderlich sind, gehört einfach dazu. Alternativ gibt es immer die Möglichkeit, das Motorrad bei einigen wenigen Fachwerkstätten mit Messungen auf dem Leistungsprüfstand abstimmen zu lassen.
Das Abstimmen des Vergasers wird leider erfahrungsgemäß von einigen Kfz- und Motorradwerkstätten nicht durchgeführt, teilweise werden die notwendigen Stunden von den Kunden nur ungern bezahlt, teilweise ist einfach die Kompetenz verloren gegangen. Eine Vergaserabstimmung ist kein einfacher Arbeitsschritt und nicht mit Teiletausch oder dem Anschließen eines Diagnosegerätes zu vergleichen, demenstprechend muss mit hohem Zeitaufwand gerechnet werden. Es ist leider nicht selten, dass man einen geeigneten Fachbetrieb im nähren Umkreis gar nicht findet.
Wird die Zündkerze häufig demontiert, empfehle ich, Anti-Seize-Paste auf das Zündkerzengewinde zu schmieren, um Beschädigungen am Gewinde zu vermeiden. Das vorgegebene Anzugsdrehmoment für die Zündkerze beträgt 20 Nm bei trockenem Gewinde, bei geschmiertem Gewinde verwende ich ca. 15 bis 17 Nm.